Erich Ruhl-Bady

Auf der Suche nach dem Glanz des Friedens.

Rezensionen und Feedbacks zum Debütroman
VATERFERN MUTTERSTILL
Erschienen im Juni 2022 im Verlag KLEINE SCHRITTE zu Trier.
ISBN 978-3-89968-163-5

Raimund Schöll
Erzählt wird die berührende Geschichte eines Nachkriegskindes, das seine eigene Existenz in Verknüpfung mit der Geschichte seiner Herkunftsfamilie verarbeitet. „Vaterfern mutterstill“ kann man als ein leidenschaftliches Plädoyer für Demokratie und Humanität lesen, aber auch als eine gelungene persönliche Aufarbeitung der tragischen Trias von Leid, Schuld und Tod. (Die komplette Schöll-Rezension siehe unten).


Birgit Kindler
Kulturverein Kunstgriff Oberursel, im Juni 2022: Es fällt auf, dass der Autor bei diesem Debütroman von der Lyrik herkommt.


Norbert Copray
Herausgeber Publik Forum, im Mai 2022: Der Roman ist intensiv, ergreifend, berührend – mit einem fulminanten Schluss-Akkord.


Joachim Legatis
Alsfelder Allgemeine, am 27. Mai 2022: Im Mittelpunkt des Werks steht Leander, der in den 1970-er Jahren den Kriegsdienst verweigert. Damals war noch ein Antrag notwendig. Vater, Mutter und ein Pfarrer bestätigen per Brief, dass der 18-Jährige ein Pazifist ist. Die Verweigerung gelingt – nach eingehender mündlicher Verhandlung. Mit den Briefen verwoben sind Rückblicke auf die Kriegs-Erfahrungen seiner Eltern.


Volker Nies
Fuldaer Zeitung, am 30. Mai 2022: Vor einem authentischen Hintergrund entwickelt der Autor die gesamte Geschichte, eine Geschichte, die ihre lustigen Episoden hat und auch politisch ist. Die Protagonisten versuchen eine Normalität zu leben und Bürgerlichkeit, sie ringen um Anerkennung und Erfolg. Ein Verhalten, das Deutschland nach den Kriegen gekennzeichnet hat, in den Zeiten des Wiederaufbaus. Die Aufarbeitung der Kriege hingegen fand nicht statt. Das dauerte. Wie auch die Befreiung aus der spießigen 60-er-Jahre-Gesellschaft.


Claudia Kempf
Lauterbacher Anzeiger, am 21. Mai 2022: Ein Zeitraum von 100 Jahren wird betrachtet. Eine Großvater-Vater-Sohn-Geschichte. Der kreative Prozess des Schreibens hat Luft ins System gebracht. Sich der eigenen Herkunft zu stellen, bringt allemal mehr, als auf dem Sofa zu sitzen und zu grübeln, sagte der Autor im Gespräch mit der Chefredakteurin.


Werner Stoepler
Lauterbacher Anzeiger, am 4. Juni  2022: Der Roman zeigt das Eingebundensein von Großvater Otto, Vater Heinrich und Sohn Leander sowie deren Familien in historische Abläufe, kritisch reflektierend, aber auch humorvoll anekdotisch. „Ich bin mir beim Schreiben oft unerwartet selber begegnet“, bekennt Erich Ruhl-Bady bei der Präsentation des Debütromans in seiner Heimatstadt Lauterbach.


Ulrich Boller
Frankfurter Rundschau, am 23. Juni 2022: Der Roman ist ein fein gezeichnetes Generationenbild. Kaum zufällig beginnt die 140 Seiten umfassende Erzählung mit einer miteinander verwobenen Doppelskizze – der Protagonisten in drei Generationen einerseits, der Zeitumstände andererseits. Der Krieg, den Heinrich durchleidet – vor Stalingrad, in der Normandie – bildet den Angelpunkt, der Abkehr und Wendung ermöglicht. Was macht der Krieg mit den Menschen? Diese Frage hat sich der Autor vor und während des Schreibens gestellt. Der Erzähler tritt den Figuren quasi zur Seite. Er schildert sie in einzelnen Szenen, einem Film oder Theaterstück gleich.


Oberurseler Woche
am 23. Juni 2022: 
Ein Antikriegsroman, eine Familiengeschichte, eine Sehnsucht nach Heimat, ein Ruf nach Europa.


Soroptimist International Club Lauterbach

Bericht von Annette Deibel am 4. Oktober 2022
über die Lesung aus dem Roman VATERFERN MUTTERSTILL in Lauterbach – im Rahmen des SI-Projekts „Nie wieder Krieg“. In ihren Begrüßungsworten erläuterte SI-Präsidentin Dr. Barbara Peters die sogenannte „Gefühlserbschaft“, also die unbewusste Weitergabe unbearbeiteter Traumata von Generation zu Generation – im Falle eines Krieges nicht nur die Opfer und Täter, sondern auch Mitläufer, Zuschauende, Schweigende. Verdrängte Erfahrungen und angstvolle Gefühle belasten alle nachfolgenden Generationen, solange keine sinnstiftende Verarbeitung von Familiengeschichte stattfindet. Dieses Thema war Inhalt eines Vortrages von Prof. Dr. Moré während des „Nie wieder Krieg!“-Projektes in 2018 – und Autor Ruhl-Bady knüpfte direkt an die Worte von Peters an: Das Phänomen der transgenerationalen Weitergabe sei durchaus einer der Subtexte seines Buches, in dem er die Last der „schweren Brocken“ und den „Dreck“ des Krieges in den Generationen (s)einer Familie beschreibt. Diese bedeutet aber, so wurde während des Abends deutlich, auch Humus und Quelle für Ruhls tief wurzelnden Pazifismus. Ruhl-Bady beschreibt Begriffe wie Heimat, Freiheit, Kultur, Vertrauen, Wärme und Liebe als in ihm lebendige Gefühle, die dort aber nur im Frieden gedeihen können.
Die wie ein anregendes Gespräch gestaltete Lesung gab nicht nur einen emotionalen Einblick in eine vom „großen Kulturbruch“ - so Ruhl-Badys kluge Bezeichnung für „Krieg“ - erschütterte Familiengeschichte, sondern ebenso in die nahbare Persönlichkeit des Autors, deren Umrisse, mehr aber noch deren Rückgrat sich auch an just dieser Familiengeschichte ausgebildet haben. Während des Schreibens sei ihm darüber hinaus gelungen, Verzeihen zu empfinden und damals erlebte Sprachlosigkeit in Form von inneren Dialogen mit dem Vater nachzuholen, so der Autor.
Ruhl-Bady nutzt dabei Sprache wie ein hochfeines Ziselier-Instrument, das Worte und emotionale Bilder immer noch etwas genauer herausarbeitet, was Lesenden und Hörenden Freude bereitet und Dinge während des Erfassens bewusster macht: Mitläufer, so Ruhl, laufen nicht nur mit; sie verantworten mit, da sie Geschehen zulassen, und werden so zu „Mitträgern“.
Eigentlich, so der Autor, habe er mit dem Buch lieber verstehend rückblicken wollen, als es quasi nochmals angesichts der aktuellen Geschehnisse zu durchleben, aber die geopolitische Situation mache dies unmöglich.
Und so ist klar, dass nun wieder eine Generation Traumata erlebt und es weitere Generationen dauern wird, bis diese be- und verarbeitet werden können. Auch deshalb, so Ruhl-Bady, seien die Grausamkeiten des Krieges keine Kriegsverbrechen, sondern der Krieg selbst sei das Verbrechen.
Das SI-Projekt „Nie wieder Krieg!“ wird vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert. Alle weiteren Informationen und Termine des Rahmenprogramms unter www.niewiederkrieg.net

Raimund Schöll
Ein Buch wie ein Film. Rezension vom 26. Juni 2022. "Vaterfern mutterstill" ist die berührende Geschichte eines Nachkriegskindes, das seine eigene Existenz in Verknüpfung mit der Geschichte seiner Herkunftsfamilie verarbeitet. Während sich Leander, die Hauptfigur des Romans, in der Auseinandersetzung mit dem fernen und rastlos arbeitenden Vater, der im 2. Weltkrieg als fanatischer Wehrmachtssoldat diente, vom schüchternen Kind mit stiller ängstlicher Mutter zum selbstbewussten Kriegsdienstverweigerer und Pazifisten entwickelt, erhält der Leser fast wie nebenbei eine dichte Beschreibung der Lebensatmosphären der jüngeren Bundesrepublik. Ein Land, das schon bald nach dem Krieg auf der Vorderbühne wirtschaftlich in euphorischer Aufbruchstimmung ist, auf der Hinterbühne allerdings traumatisiert bleibt von der bis heute unfassbaren Katastrophe.
Stilistisch wählt E. Ruhl-Bady dabei einen interessanten Weg. Der Text bewegt sich zwischen nüchterner Beschreibung einerseits, literarischer Verarbeitung und feiner Ironie andererseits hin und her. Das Verhältnis Leanders insbesondere zum Vater bleibt bis zum Schluss ambivalent. Es ist vom Versuch zu verstehen geprägt bei gleichzeitigem Ringen um Abgrenzung. Eindrucksvoll gelingt es Bady, die neuralgischen Punkte und Abgründe der sogenannten Kriegsgeneration, der es oft an Einfühlsamkeit gegenüber den eigenen Kindern (den sogenannten Kindern der Kriegskinder bzw. Kriegsenkeln) ermangelte, empathisch, aber auch unprätentiös zu beschreiben: „Riesige Verwechslungen hatten Leanders Vater empfänglich gemacht für Rassismus und Tyrannei, im Ergebnis für Krieg. Heinrich hatte Leid gebracht und selbst viel gelitten. Fast ohne Unterlass bildete Vaters Vergangenheit über Jahrzehnte eine verlässliche Hintergrund Stimmung in Leanders Gedanken, aber er war nicht nur erschrocken: Vaters bewusste Wendung vielleicht noch zeitig genug nötigte Leander Respekt ab.“
Das Buch hält vom Anfang bis zum Ende durch, was es im „Klappentext“ verspricht. Es zeichnet authentische Charaktere, die um Normalität und Bürgerlichkeit, um Anerkennung, Erfolg und Liebe ringen. Es gibt spannende Szenenwechsel wie in einem Film.
Vaterfern mutterstill kann man als ein leidenschaftliches Plädoyer für Demokratie und Humanität lesen, aber auch als eine gelungene persönliche Aufarbeitung der tragischen Trias von Leid, Schuld und Tod.
Als Leser hat mich der Roman berührt, weil er daran erinnert, dass es trotz familiärer und systemischer Verstrickungen stets einen freien Bereich gibt, den man entdecken und gestalten kann, um seinen eigenen Weg zu gehen. Gegen Ende schreibt Leander in einem Brief an seinen Vater folgendes: „Die Demagogie der Großen Verwirrung ist ein schleichendes Gift. Deshalb sollte der Innere Kompass in der Seelentasche stets greifbar sein. Das Instrument, das das Herz erwärmt und den Geist frei atmen lässt.“
Dieses Buch werde ich so schnell nicht vergessen.
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Zum Rezensenten:
Raimund Schöll | Diplom-Soziologe | Systemischer Berater und Coach. Schöll wohnt am Ammersee, praktiziert in München